Vor einiger Zeit lief im Fernsehen eine Dokumentation über die verkehrsreichsten Städte der Welt. Jakarta rangierte auf den vorderen Plätzen. Platzen ist ein treffendes Wort, die Stadt tut es aus allen Nähten. Während der Verkehr in Hanoi wohl am gefährlichsten war, ist er hier definitiv am schlimmsten. Von Gefahr keine Spur, bei diesem Stau kann man gar nicht schnell fahren. Die ganze Stadt steht im Stau. Selbst der Bus auf seiner eigenen Spur steht im Stau, denn natürlich hält sich kaum jemand daran, auch wenn die Busspur durch eine Betonwand abgegrenzt wird. Hier steht man sich gegenseitig im Weg, die Mopeds verstopfen die Straßen noch mehr, sodass die Autos nur noch im Schrittempo vorankommen.
Jakarta ist nicht wirklich etwas für Touristen. Es gibt so gut wie keine Gehwege und nur wenig Sehenswürdigkeiten. Der Spaß kann beginnen, denn wir finden trotzdem Gründe, um hierher zu kommen.
Zuallererst, ich habe einige Freunde hier. Vor vier Jahren war ich schon einmal in Indonesien. Damals haben wir im Westen von Java die Ruinen des Palasts von Banten erforscht. Teilweise verschüttet, ist er für Geophysiker ein interessantes Studienobjekt.
Der Palast stammt aus der Zeit, als die islamischen Sultane das Land beherrschten. Ähnlich wie in Malaysia kamen danach die Portugiesen und schließlich die Holländer. Unter ihnen hieß die Hauptstadt einst Batavia. Ihre Überseekolonie Niederländisch-Indien wollten sie nach dem zweiten Weltkrieg und dem Abzug der Japaner auf keinen Fall aus der Hand geben. Nicht, dass sie wirtschaftlich davon abhängig gewesen wären, aber es hätte ihrem Status angeblich geschadet. Was folgte war ein schmutziger Unabhängigkeitskrieg, den beide Seiten mit aller Härte führten. Das Ergebnis war, dass die Niederländer gegen den Guerillakampf der Indonesier nichts ausrichten konnten und ihre Unabhängigkeit 1949 akzeptierten.
In Peking trafen wir Niels aus den Niederlanden, der uns um die Aufarbeitung unserer Geschichte beneidet. Bis heute fällt es den Niederlanden schwer, die Geschehnisse, insbesondere die blutigen Massaker an der Bevölkerung Indonesiens, zu verarbeiten. Auch wenn ein ehemaliger Geschichtslehrer unsere Vergangenheit anders interpretiert, bin ich tatsächlich froh, wie intensiv wir die unsrige in der Schule behandelt haben.
Jetzt bin ich doch etwas abgeschweift. Die meisten Reisenden nutzen Jakarta nur als Tor nach Indonesien. Das können wir im Grunde verstehen. Selbst meine lieben Freunde halten uns für übergeschnappt, dass wir hier so viel Zeit verbringen. Zwischen Chinatown und Hafen liegt der alte Kern der Stadt und das Cafe Batavia. Dort gönnen wir uns erneut den Old Fashioned, der mit einer Live-Band kredenzt wird.
Oben rechts: Der Innenraum der Istiqlal-Moschee, der größten in Südostasien.
Ungewohnte Nähe zwischen der Kathedrale und der Moschee. Übrigens bietet die Kirche den Moslems zum Freitagsgebet ihre Parkplätze an. Umgekehrt passiert dies für die Christen am Sonntag 🙂
An unserem letzten Abend gibt es das gemeinsame und lang ersehnte Wiedersehen mit meinen Freunden. Vor vier Jahren hatte ich versprochen, dass ich bald wieder kehre. Dass das auf solch einer großen Reise geschieht, wusste ich natürlich nicht. Anscheinend wird die Bar, in der wir die Wiedervereinigung feiern, von dem einen oder anderen berühmten indonesischen Schauspieler geführt. Das Klientel ist deswegen sichtlich erheitert. Filosofi Kopi, ein ganz toller Laden in Little Tokyo, den können wir nur empfehlen.
Nach vier Tagen neigt sich das Hauptstadtabenteuer dem Ende zu. Es wird Zeit in den Zug zu steigen und die weitere Reise ins Innere von Java anzutreten.