Ja, ihr habt richtig gelesen. Wir ruhen uns aus. Nach sieben Wochen reisen sind wir in Yangshuo angekommen, um die Seele baumeln zu lassen. Nach einer Nacht in Guilin sind wir zum Fluss Li gefahren, um mit einem Bambusboot flussabwärts nach Yangshuo zu kommen. Aus dieser unglaublich romantischen Vorstellung erwächst ein Plastikboot (im Bambusstil), dessen laut rattender Motor uns den Fluss hinunter trägt, zusammen mit zahlreichen anderen Touristenbooten. Soviel zur romantischen Vorstellung. Aber ich glaube, die haben wir alle von Asien, wie das Bild einer Postkarte. Und trotzdem ist es ein schönes Erlebnis. Mal ehrlich, wir haben Ende Oktober und tuckern auf einem Bootchen über einen chinesischen Fluss. Wer kann da unglücklich sein? Das nette chinesische Pärchen schenkt uns sogar eine Drachenfrucht.
In Yangshuo angekommen, können wir unseren Augen nicht trauen. Wir haben Yangshuo für ein kleines, verschlafenes Dorf gehalten. Nach chinesischen Maßstäben ist es auch ein Dorf, mit 300000 Einwohnern und dem typischen lauten und dichten asiatischen Verkehr. Auf dem Weg zum Hostel verfluche ich still jeden Meter, der uns weiter aus dem Ort hinaus führt, wobei uns die Wegbeschreibung kaum weiter hilft. Nach der Pleite mit dem Hostel in Shanghai wäre es hier ein schlechter Ort für ein schlechtes Hostel. Meine trübsinnigen Erwartungen werden plötzlich weggeblasen. Das Hostel Cosy Garden liegt im ruhigen Nachbardorf, abgelegen vom geschäftigen Trubel Yangshuos. Die beste Art sich hier fortzubewegen ist ohnehin das Fahrrad. Von daher ist die abgeschiedene Lage genau das richtige für uns, um die Seele baumeln zu lassen.
Karst soweit das Auge reicht.
Gesagt, getan, am nächsten Tag unternehmen wir nichts. Nach einem späten Frühstück wird es Zeit für ein Nickerchen oder für ein gutes Buch.
Umblättern, zweiter Tag. Wir unternehmen eine Radtour zum Moon Hill. Nachdem wir die Stadt verlassen haben, sehen wir dann auch die echten Bambusboote über den Fluss Yulong staken. Als wir für einen Moment anhalten, werden wir von einer sehr alten Frau auf dem Fahrrad überholt. Leider ist sie so klein, dass sie die Pedale immer nur dann treten kann, wenn diese oben ist, sodass der andere Fuß immer ins Leere tritt.
Zum Moon Hill hinauf führt selbstverständlich die allerseits beliebte Treppe. Der Moon Hill verdankt seinen Namen dem kreisrunden Loch mitten im Fels, wodurch sich ein steinerner Bogen aufspannt. Dort treffen wir überraschender Weise Valentin wieder, den wir bereits in Xi’an kennen gelernt hatten. Man sieht sich halt immer zweimal im Leben.
Es ist auch nachts sehr schön hier.
Wie ihr vermutlich schon erraten habt, befinden wir uns mitten in einem Karstgebiet, was auch die spitzen Formen der zahlreichen Berge erklärt. Das lässt natürlich unsere Geologenherzen höher schlagen. Schuld an allem ist das Wasser, denn die darin enthaltene Kohlensäure löst mit der Zeit den Kalkstein auf. Auf diese Art entstehen auch die meisten Höhlen. Eine solche besuchen wir als nächstes, die Gold Water Cave. Wir sind etwas stutzig, denn die Führung durch die Höhle dauert nur 45 Minuten, wir sind aber vor allem wegen des Schlammbades und der heißen Quellen hier. Solltet ihr einmal die Gelegenheit bekommen eine chinesische Höhle zu besichtigen, so zögert nicht. Die Höhle erstrahlt im Inneren in allen Farben des Regenbogens, natürlich dank der Lampen, aber dieses Farbenspiel ist eine Augenweide.
Während wir immer tiefer in die Höhle vordringen, ändert sich das Klima von angenehm trocken zu warm und feucht. Plötzlich entlässt uns der Guide aus der Gruppe, denn wir haben das Schlammbad erreicht. Während die Gruppe weiter zieht, gönnen wir uns eine kalte Schlammkur. Nur eine Minute zu Fuß entfernt schließen sich die heißen Quellen an. Das angenehme, 40 Grad warme Wasser haben wir jedoch nur für kurze Zeit für uns als bald darauf eine chinesische Reisegruppe ebenfalls in die Becken steigt.
Can you paint with all the colors of the cave?
An den Abenden stürzen wir uns das Getummel der Stadt. Für Touristen ist die wichtigste Straße sicher die West Street, eine sehr volle Fußgängerzone, die sich jeden Abend zu verändern scheint. Vermutlich liegt es daran, dass wir mit einem Mal nicht alles aufnehmen können, aber ich könnte schwören, dass die engen Gassen und einige Geschäfte am Anfang noch nicht hier waren. Dienstags legen anscheinend besonders viele Fähren voller Touristen an, denn die Uferstraße verwandelt sich in einen einzigen, endlosen Markt. Auch die West Street wächst noch einmal ein gutes Stück, die Stände stehen noch enger beisammen und noch mehr Händler nutzen den spärlichen Platz in der Mitte der Straße. Mittwochs ist Discotag und aus den Clubs entlang der Straße schallt laute Technomusik unbarmherzig nach draußen und vermischt sich mit der Musik, mit der jedes Geschäft die Straße beschallt.
Noch ein Wort zur Veränderung: Während wir an einem Abend wie selbstverständlich Geld in einer Bank abheben, ist diese am nächsten Tag plötzlich verschwunden. Stattdessen klafft hinter den Fenstern nun gähnende Leere. Da würde mich interessieren, wie viele Menschen es braucht, um eine Bank über Nacht einfach so verschwinden zu lassen.
Aber wir faulenzen nicht nur in Yangshuo. Man kann hier auch an einem Kochkurs teilnehmen. Der erste Teil besteht aus einem Marktbesuch. Dort gibt es nicht nur allerlei Früchte und Gemüse (typisch für die Region sind z.B. Orangen, Kumquats, Pomelos und Khakis) sondern auch allerlei vom Tier, vom lebenden bis zum Endprodukt. Hund, Katze, Enten, Gänse, Hühner, Hasen, alles wird hier angeboten. Etwas ungewöhnlich sind sicher die Hunde, die an Spießen in einer Reihe hängen. Den kochen wir heute aber nicht. Eine lokale Spezialität ist der Bierfisch. Dazu taugt im Prinzip jeder Fisch, den man in den hiesigen Flüssen fängt. Bierfisch hatten wir auch am Abend zuvor. Vor dem Restaurant standen Becken mit lebenden Fischen, die dann auf dem Teller gelandet sind. Dass hier nichts frisch wäre, kann man also nicht behaupten.
Wir haben noch nicht genug vom Fahrrad fahren und unternehmen eine weitere Tour. Es gibt kein besonderes Ziel, denn der Kern dieser Route sind die Dörfer und die Landschaft. Die Strecke führt durch mehrere Täler ins Hinterland, vorbei an Karstbergen und Kumquatbäumen in voller Reife. Wir können nicht anders als einige davon für unser Mittagessen zu pflücken. Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, genießen wir das hiesige Essen. Ein besonderes Highlight sind die zahllosen Früchte, die man zu unverschämt günstigen Preisen kaufen kann. Wir ernähren uns von dermaßen viel Obst, dass wir den Blog wahrscheinlich in souls of our fruits umbenennen müssen. Und vemutlich erkranken wir daheim dann an akutem Vitaminmangel und gehen Pleite beim Versuch all die köstlichen Früchte im Supermarkt zu kaufen.
Lilo Hartung
Da ich als Kind nicht Lilo, sondern Li genannt wurde, war mir der Fluß Li gleich symphatisch. Wir sind ja auch mit einem Boot gefahren und waren von der Umgebung (Kuppeln) begeistert. Hab ixh ja gestern schon geschrieben. Die herrlichen Höhlen haben wir leider nicht kennengelernt und die bunten Farben wären mir nun doch zu grell zu malen. Jetzt seid ihrt ja bald in Honkong. Meine Grippe hatte mich in dieser Gegend und besonders auch noch in Honkong fest im Griff. Da hast du wohl Glück gehabt, Christian, oder dank dem üppigen Obstgenuß!