Es heißt der Baikalsee ist die Perle Sibiriens und Olchon ist das Herz des Baikalsees. Hätten wir das nur vorher gewusst. Unsere Reise hierher war ziemlich spontan, denn eigentlich wollten wir eine Woche in Listwjanka die Seele baumeln lassen. Außerhalb der Saison ist dieser Ort aber nicht sehr reizvoll für uns und so sitzen wir lieber sechs Stunden in einem klapprigen Bus, dessen Stoßdämpfer wohl schon vor einer Weile den holprigen Straßen geopfert wurden.
Es geht nach Olchon, der größten Insel im Baikalsee. Hier scheinen die Uhren etwas langsamer zu gehen, Olchon ist kaum besiedelt und wurde erst vor 13 Jahren an das Stromnetz angeschlossen. Übersetzt bedeutet der Name trocken oder Wäldchen. Beides scheint zu passen, angeblich soll es hier keinen Fluss geben, auf dem sandigen Boden wachsen vor allem hartgesottene Kiefern.
Der Hauptort ist Chuschir, in dem wir unser urgemütliches Hostel beziehen. Der Ort ist sehr klein, aber wir schließen ihn sofort in unser Herz. Es ist ruhig, überschaubar, einsam und am See. Geld abheben kann man in der Apotheke (Öffnungszeiten ca. 12-15h), da es hier keinen Bankautomaten gibt. Die Straßen sind staubige Sandpisten, die sich an den kleinen Holzhäusern entlang ziehen. Genauso hatten wir uns den Urlaub am Baikalsee vorgestellt.
Zebrastreifen?!
Der beste Freund unserer Gastmutter ist ihr Tablet mit Google Translate, anders könnten wir uns gar nicht verständigen. Das Essen, das sie für uns kocht, hat nicht mehr viel mit den westrussischen Gerichten zu tun, schmeckt aber einfach umwerfend. Auch hier findet man ab und an den Omul auf dem Teller, jenem köstlichen Fisch aus dem See.
Zum Wäsche waschen bezahlen wir einen fürchterlich geringen Preis und als ich mich am nächsten Morgen nach der Waschmaschine erkundige, will ja selber waschen, hält sie mir die Tüte mit der sauberen und getrockneten Wäsche hin und wirft Google Translate an, um mir zu sagen, dass bereits alles erledigt ist. Vor lauter Überraschung bleibt mir der Mund offen stehen.
Wir haben Anfang Oktober, es ist also entsprechend kalt, auch wenn das Panorama eher an Griechenland denken lässt. Der See ist eiskalt und wir trauen uns zuerst nur mit den Füßen hinein. Am letzten Tag packt mich jedoch der Ehrgeiz und ich gehe schwimmen. Nach einer Minute kann ich die Kälte nicht mehr spüren, dafür aber meine Schulter, die sich krampfend zusammen zieht. Schwimmen im Baikalsee: Check. Julia macht lieber ein Video von meiner Kamikaze Aktion, da es sie schon beim zuschauen fröstelt. Die Füße im See haben ihr wohl gereicht.
Anstatt eine geführte Tour zur nördlichen Steilküste zu unternehmen, wandern wir lieber auf eigene Faust an der Küste entlang. Dort gibt es den Schamanenfelsen, der von den hier noch ansässigen Burjaten für schamanische Rituale genutzt wurde. Der Ort hat eine winzige Kapelle, in der sich auch wieder eine Ikone der ermordeten Zarenfamilie befindet.
Olchon gefällt uns so sehr, dass wir am liebsten eine ganze Woche bleiben würden…beim nächsten Mal.
Lilo Hartung
Solch kleine Häuschen und breite sandige Straßen kenne ich auch von meinen Chanten. Ich hatte einen Kollegen, Rudi Semrau, der viele Jahre in der Mongolei als Dolmetscher vom Fleischkombinat(DDR-Zeit) gearbeitet hat. Er war auch fanziniert vom Baikalsee.